Die schlimmsten Fehler bei der Produktion von Schulungsvideos – und wie Sie sie vermeiden

wie man die schlimmsten Fehler bei der Produktion vermeiden kann wird in E-Learnings erklärt
06.07.2018
Kerstin Boll
Digitale Trends
Inhalt

Professionelle Schulungsvideos sprechen den Zuschauer auf Augenhöhe an. In diesen drei Fällen sollten Sie deshalb nicht am Budget sparen.

Schulungsvideos gelten als günstige Form in der betrieblichen Weiterbildung. In vielen Fällen stimmt das auch: ein gutes Drehbuch, ein geschickt gewählter Ort. Dann fehlt nur noch ein Kameramann, der mit Licht und Ton umgehen kann, und es kann losgehen.

Günstige Schulungsvideos – ja, die gibt es. Doch in drei Fällen sollten Sie nicht sparen

In drei Fällen jedoch rät E⁠-⁠Learning-Spezialistin Kathryn Fleet dazu, nicht am falschen Ende zu sparen:

1. Sensible Inhalte

In der Praxis kommen Sie mit Themen in Berührung, die in besonderem Maße Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Verantwortungsgefühl der Mitarbeiter bedürfen. Denken Sie etwa an Fragen rund um die Corporate Responsibility, an Menschen, die auf Schutz und Rücksichtnahme angewiesen sind, oder an kulturelle Unterschiede in den Nationalitäten und ihre Auswirkungen auf die Zusammenarbeit.

Themen wie diese aufzuarbeiten, verlangt nach Fingerspitzengefühl, denn für die Mitarbeiter sind sie oft unbequem. Sie rühren an vertraute Sichtweisen und Urteile. Für ein überzeugendes Schulungsvideo brauchen Sie deshalb eine überzeugende Geschichte mit einem nachvollziehbaren Konflikt. Ihre Mitarbeiter sollten sich mit den Protagonisten identifizieren können.

Der Aufwand liegt weniger in der komplizierten Produktion als in der Erzählweise. Die Geschichte sollte spannend und mit Tempo erzählt sein.

Achten Sie deshalb auf einen Produktionspartner, der mit Stärken im Storytelling und einem feinen Gespür für Nuancen in der Kommunikation aufwarten kann. Er sollte in der Lage sein, die Geschichte von vornherein als Drehbuch anzulegen. Unterschätzen Sie außerdem nicht die Bedeutung des Schnitts für Spannung und Dramaturgie. Der Film entsteht beim Schneiden, sagen die Profis.

Das Schulungsvideo ist gelungen, wenn es zum Innehalten und Nachdenken des Betrachters anregt und insofern die Wahrnehmung verändert.

Sensible Themen sind zum Beispiel

  • Radikalismus und Extremismus in der Belegschaft

  • Alkohol und andere Süchte bei Kollegen und Mitarbeitern

  • Psychische Erkrankungen oder sichtbare Erschöpfung bei Kollegen

  • Fehler und Missgriffe ansprechen – im Unternehmen oder im internationalen Kontext

  • Diebstahl und Korruption

  • ...

Wenn Sie ein Schulungsvideo produzieren lassen, wollen Sie erreichen, dass Ihre Mitarbeiter in sich gehen und sich gegebenenfalls infrage stellen. Achten Sie in jedem Fall auf eine respektvolle Ansprache. Das Gegenteil davon wäre stumpf, plump-vertraulich oder holzschnittartig. Ihre Mitarbeiter würden sich nicht ernst genommen fühlen.

2. Risikoabwehr und Katastrophenschutz

Es gibt Situationen, die möchte man sich gar nicht vorstellen: eine Explosion in einem Chemiewerk, ein Flugzeugabsturz, ein Attentäter in einer öffentlichen Einrichtung.

Zum Glück geschehen diese Dinge selten. Doch es gibt sie und sie müssen trainiert werden. Trainings unter Realbedingungen scheiden aus. Deshalb greifen Unternehmen und Einrichtungen auf Schulungsvideos zurück, um die Betrachter mit den jeweiligen Situationen und Aufgaben vertraut zu machen. Im besten Fall wissen die Betrachter, was sie zu tun haben und können im Notfall auf ein gelerntes Handlungsmuster zurückgreifen.

Die Filmindustrie hat uns mit unzähligen, zum Teil unsäglichen Katastrophenfilme überflutet. Umso mehr kommt es in einem Schulungsvideo auf realistische, glaubwürdige Geschichten an. Die Zuschauer sollten Handlungsanweisungen bekommen, wie sie sich selbst schützen und anderen helfen.

Wenn Sie Katastrophen und Unfälle glaubwürdig in Szene setzen wollen, können hohe Kosten entstehen: Kulisse, Statisten, Material sind nur die eine Seite. Hinzu kommt die Aufnahmetechnik: Generell erlauben 360-Grad-Videos ein realitätsnahes Erleben. Doch dazu brauchen Sie professionelles Equipment und Fachleute, die etwas damit anfangen können.

Nicht immer muss es heiß und explosiv zugehen. Denken Sie auch an

  • Arbeitsunfälle oder Schlaganfälle und Herzinfarkte

  • Notfälle, die ein schnelles Räumen des Gebäudes erfordern

  • Vorbereitung auf Entführungen und Überfälle, zum Beispiel bei Geldtransporten

3. Strategische Veränderungen im Unternehmen

Change Management ist in aller Munde. Die digitale Transformation, die steigende Vernetzung und Globalisierung fordern laufende Veränderungen – Sie kennen das.

Wenn in Ihrem Haus eine solche Veränderung ansteht, werden Sie versuchen, Ihre Mitarbeiter mit Vorträgen und Präsentationen vorzubereiten und zu motivieren. Ansprachen wie diese gehören zum normalen Handlungsset. Sie sind allerdings recht spröde im Vergleich zu einem Doku-Drama.

Bilder sagen mehr als Tausend Worte, sagt man, und dies kommt hier zum Tragen. Emotionen, Konflikte, Handlungsalternativen und Ergebnisse können Sie mit einem Schulungsvideo eindrücklich präsentieren. „Was passiert, wenn ...“: Im Schulungsvideo bekommen Ihre Mitarbeiter einen Eindruck, der nachwirkt, denn Sie können sie auf mehreren Sinneskanälen und emotional ansprechen.

Auch hier liegen die Kosten mehr in einer gut erzählten Geschichte mit glaubwürdigen Konflikten und Protagonisten. Das Schulungsvideo erfüllt seinen Zweck, wenn die Zuschauer ihre Handlungsalternativen erkennen und verstehen, wie ihr Handeln das Gesamtergebnis beeinflusst.

Doku-Dramen eignen sich, wenn Sie die Mitarbeiter nicht nur mit dem Verstand, sondern auch emotional erreichen wollen, zum Beispiel bei diesen Aufgaben:

  • Sie wollen die Fehlerkultur in Ihrem Haus verändern und künftig offen über Fehler sprechen.

  • Sie wollen erreichen, dass jeder Mitarbeiter eine Stimme hat – vom Azubi bis zum Vorstand. Denn die besten Ideen kommen oft aus einer unerwarteten Richtung.

  • In Ihrem Unternehmen arbeiten Sie prozessorientiert und prozesstreu. Doch Sie wissen, dass sich Qualität aus der Sicht Ihrer Kunden anders definiert: Gute Prozesse sind noch kein Garant für begeisterte Kunden. Dafür wollen Sie Ihre Mitarbeiter sensibilisieren und ihre Kreativität wecken.

Vollmundig angekündigte Veränderungen, die nie wahr wurden. Kundenorientierung, die in der Praxis Lügen gestraft wird. Ständige Veränderungen: Geduld und guter Wille sind bei vielen Mitarbeitern über die Jahre arg strapaziert worden. Die Mitarbeiter wissen, dass Veränderung dauern und Anstrengung kosten. Vermeiden Sie lieber alles, was auch nur entfernt an den Tonfall typischer Image-Filme erinnert, in denen alles großartig ist.

Vorsicht vor dieser Fehleinschätzung!

Wir erleben häufig, dass in der Diskussion um günstig produzierte Schulungsvideo häufig YouTube-Videos angesprochen werden. Doch täuschen Sie sich nicht: Die wirklich erfolgreichen Videos bei YouTube sind alles andere als einfach und billig produziert. Die wackelige Kameraführung erzeugt das Gefühl von Nähe und Unmittelbarkeit. Doch ist dies nicht etwa der fehlenden Kompetenz der Filmproduzenten geschuldet. Es ist vielmehr ein Kunstgriff.

Wenn jemand YouTube als Messlatte für Schulungsvideo heranzieht, muss er das Niveau in den meisten Fällen anheben – und nicht senken.

Ein gutes Lernvideo produzieren

Zuschauer sind verwöhnt und stellen hohe Erwartungen, denn hochwertiges Filmmaterial ist heute überall verfügbar, ob auf Netflix, auf einem TV-Kanal oder bei YouTube.

Um den Ansprüchen der Zuschauer gerecht zu werden, achten wir bei der E⁠-⁠Learning-Produktion darauf:

  • Von Anfang an visuell zu denken,

  • mit Geschichten und Beispielen aus dem Alltag zu arbeiten,

  • alle Profis rund um die Produktion frühzeitig einzubinden,

  • anspruchsvoll zu sein und

  • das passende Format zu wählen. Denn unter den Lernvideos gibt es viele Varianten.

Lesen Sie mehr dazu in unserem Artikel: 6 praktische Tipps für gelungene Schulungsvideos

Mit Schulungsvideos wandern Sie auf einem schmalen Grat: Zwischen albern, unglaubwürdig und peinlich oder spannend, professionell und wirkungsvoll liegt oft nur ein kleiner Schritt. Ein Schulungsvideo muss von Anfang an überzeugen, denn anders als ein Trainer in einem Präsenzworkshop kann es auf die Störungsgefühle der Zuschauer nicht eingehen. Ein professionell produziertes Schulungsvideo nimmt seinen Zuschauer ernst und spricht ihn auf Augenhöhe an.

QuelleKathryn Fleet, High Stakes Learning: Three Reasons to Invest in High-Impact Videos

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