Wie wirkt E⁠-⁠Learning im Vergleich zu Präsenz und Blended ?

E-Learnings im Vegleich zu Präsenztrainings - wie effektiv ist was?
19.07.2018
Kerstin Boll
Digitale Trends
Inhalt

Es gibt viele Studien zur Wirkung von E⁠-⁠Learning. Das Problem: Die Studien sind in der Regel recht kleinteilig ausgerichtet. Zudem sind die Fallzahlen oft sehr klein. Mehr Erkenntnis versprechen Meta-Studien, die die Ergebnisse unterschiedlicher Studien vergleichen. Der E⁠-⁠Learning Forscher Will Thalheimer ist noch einen Schritt weitergegangen.

Wie wirkt E⁠-⁠Learning?

Will Thalheimer, Experte, Forscher, Berater, Speaker, Trainingsdesigner und Autor hat jetzt eine Meta-Studie über Meta-Analysen seiner Kollegen angefertigt. Damit will er der Frage zu Leibe rücken, was besser ist: E⁠-⁠Learning oder Präsenzveranstaltungen?

Die Ergebnisse finden Interessierte in der Studie: "Does eLearning work? What the scientific reseach says". Die Studie ist erhältlich unter work-learning.com.

Will Thalheimer will eine Brücke zwischen Forschung und Praxis schlagen. Ihm ist daran gelegen, Forschungsergebnisse nutzbar zu machen, so dass alle in der Weiterbildung Aktiven ein Instrumentarium an die Hand bekommen, effektive Lernumgebungen zu schaffen. Will Thalheimer ist seit 1985 in der Weiterbildung aktiv und hat unter anderem einen PhD Educational Psychology.

Wie sich E⁠-⁠Learning seinen schlechten Ruf erarbeitet hat

E⁠-⁠Learning-Angebote sind täglich tausendfach im Einsatz. Dennoch besteht offensichtlich Diskussionsbedarf: Ist E⁠-⁠Learning effektiv? Auf der einen Seite stehen die Befürworter. Doch ebenso groß ist die Gemeinde der Ablehnenden. Zwischen Hype und Absage scheint wenig Platz zu sein.

Der schlechte Ruf des E⁠-⁠Learnings geht auf seine Anfänge zurück. Schon vor der Internet-Revolution gab es E⁠-⁠Learning-Projekte. Das visuelle Design war mäßig und die Nutzer-Maschine-Interaktion beschränkte sich auf den Klick des Weiter-Buttons. Meistens jedenfalls. Die frühen E⁠-⁠Learning-Projekte übertrugen das Bücher-Lesen auf elektronische Medien. Ziel war es, Wissen weiter zu geben. Das Ergebnis war langweilig. Den Nutzern blieb wenig im Gedächtnis haften.

Heute haben E⁠-⁠Learining-Autoren sehr viel mehr Möglichkeiten: Der Markt kennt Dutzende von E⁠-⁠Learning-Plattformen - mit attraktiver Optik und einfacher Handhabung. Die Palette der Interaktionsmöglichkeiten ist riesig: chatten, schreiben, zeichnen, abstimmen, diskutieren und vieles andere mehr. Auch die Dauer einer Einheit ist variabler geworden. Fünf Minuten oder dreißig - alles ist möglich.

Was ist effektiver: Präsenzworkshop oder E⁠-⁠Learning?

Aber was ist nun effektiver: Präsenzworkshops oder E⁠-⁠Learning? In der Meta-Meta-Analyse von Will Thalheimer kommen die E⁠-⁠Learning-Angebote geringfügig besser weg als die Präsenzveranstaltungen. Blended Learning-Angebote erweisen sich noch einmal als effektiver als die beiden anderen Methoden alleine.

Doch wie kommt das?

Auf das "e" im E⁠-⁠Learning kommt es gar nicht an

Die Bedeutung der Technik

Liegt es an der Technik? Spielen die Teilnehmer einfach gerne an ihren Geräten herum? Eine Forschergruppe um Traci Sitzmann hat 96 Studien aus der Erwachsenenbildung unter die Lupe genommen. Ihre Analyse konzentrierte sich auf die Frage nach der Technik: Ist E⁠-⁠Learning besser oder schlechter als ein Präsenzangebot? Das sind die Ergebnisse:

  • Im Bereich des deklarativen Wissens erzeugen E⁠-⁠Learning-Angebote geringfügig bessere Ergebnisse als Präsenzveranstaltungen. Deklaratives Wissen bezieht sich auf Sachverhalte ("Knowing what"), also Zahlen, Daten, Fakten, Begriffen oder Prinzipien und anderes mehr.

  • Im Bereich des prozeduralen Wissens ("Knowing how") erweisen sich beide Formen als gleich effektiv. Prozedurales Wissen bezieht sich auf praktisch anwendbares Wissen. Es braucht deklaratives Wissen als Ausgangspunkt und ist oft unbewusst.

  • Blended Learning-Angebote waren in jedem Fall besser. Bezogen auf Präsenzveranstaltungen war Blended Learning im deklarativen Bereich 13 Prozent und im prozeduralen Bereich 20 Prozent effektiver.

Die Forscher werteten außerdem die Zufriedenheit der Teilnehmer aus. Zwischen E⁠-⁠Learning und Präsenzveranstaltungen fanden sie keine Unterschiede. Mit Blended Learning waren die Teilnehmer zu sechs Prozent weniger zufrieden. Die Forscher führen dies darauf zurück, dass Blended Learning etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt.

Die Intensität des Lernens

Eine Forschergruppe um B. Means konzentrierte sich auf die Intensität des Lernens. Auch hier machte Blended Learning das Rennen. Zwischen E⁠-⁠Learning und Präsenzveranstaltungen fanden die Forscher keinen Unterschied.

Will Thalheimer hat insgesamt fünf Meta-Studien miteinander verglichen. Überall kam er zum selben Ergebnis:

Blended Learning ist die effektivste Form. E⁠-⁠Learning erweist sich als geringfügig besser als Präsenzveranstaltungen.

Die Bedeutung des Designs

Dabei hat Thalheimer keinesfalls eine schlechte Meinung von Präsenzveranstaltungen. In seiner Analyse kommt er zu dem Ergebnis, dass E⁠-⁠Learning und Präsenzveranstaltungen erst einmal gleich gut sind.

Den Autoren von E⁠-⁠Learning-Angeboten gelingt es jedoch häufiger, effiziente Lernumgebungen zu schaffen. So erklärt sich der geringfügige Vorsprung. E⁠-⁠Learning-Angebote punkten mit:

  • Realitätsnahen Übungen

  • Repetitiven Wiederholungen

  • Persönlichem Feedback

  • Szenarien, die im Arbeitskontext der Teilnehmer Sinn ergeben.

"It's not the media, it's the learning methods that matter", kommentierte Clark bereits 1983. Dies gilt bis heute, denn die genannten Methoden sind dem E⁠-⁠Learning keinesfalls vorbehalten.

Steigerungspotential des E⁠-⁠Learning

Mit Blick auf die Qualität ist die Schwankungsbreite von E⁠-⁠Learning-Projekten sehr hoch. Es gibt fürchterliche und ausgezeichnete Beispiele. Im Durchschnitt machen sie sich jedoch gut. Das bedeutet allerdings nicht, dass es nicht noch Luft nach oben gäbe. E⁠-⁠Learning könnte noch effektiver sein, wenn sich die Autoren noch mehr auf erprobte Methoden stützen würden.

Thalheimer führt als Beispiel das Abfragen an. Jeder kennt das aus der Schule: Einer fragt und einer antwortet aus seinem Gedächtnis. Dabei gibt der Befragte Fakten wieder, löst Aufgaben oder trifft Entscheidungen.

Die Abfrage intensiviert die Erinnerung. Im Vergleich E⁠-⁠Learning und E⁠-⁠Learning mit Abfrage erzielen Lernende deutlich bessere Ergebnisse, wenn sie konsequent abgefragt werden.

Unser Fazit: Es kommt immer darauf an, was man daraus macht. Gute Didaktik, gute Technik, attraktives Design - das sind die "Geheimnisse" sehr guter E⁠-⁠Learning-Angebote. Für E⁠-⁠Learning-Angebote spricht, dass der überwiegende Teil der Berufstätigen mit der Technik vertraut ist und E⁠-⁠Learning-Angebote nachfragt. Es ist eine zeitgemäße Form in der Weiterbildung.

Quellen:

Clark, D. B., Tanner-Smith, E. E., Killingsworth, S. S. (2016). Digital games, design, and learning: A systematic review and meta-analysis. Review of Educational Research, 86(1), 79-122.

Means, B., Toyama, Y., Murphy, R., & Bakia, M. (2013). The effectiveness of online and
blended learning: A meta-analysis of the empirical literature. Teachers College Record, 115,
1⁠-⁠47.

Sitzmann, T., Kraiger, K., Stewart, D., & Wisher, R. (2006). The comparative effectiveness of web-based and classroom instruction: A meta-analysis. Personnel Psychology, 59, 623-664.

Thalheimer, Will (2017). "Does eLearning work? What the scientific reseach says".
Die Studie ist erhältlich unter www.work-learning.com/catalog.html.

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