Weiterbildungsbudgets werden oft nicht ausgeschöpft / Mitarbeiter haben zu selten Mitspracherecht bei Auswahl von Weiterbildungsmaßnahmen
Anmerkung: Nachdem letztens ein Gastbeitrag der Pink University im Blog der Weiterbildungsdatenbank Springest erschienen ist, freuen wir uns, jetzt über diese Studie von Springest in unserem Blog berichten zu können!
Wir befinden uns in Zeiten des Demographischen Wandels und des Fachkräftemangels – und die Notwendigkeit sowie der Wert von Weiterbildung sind unumstritten. Doch wie sieht die berufliche Weiterbildung in der Praxis aus?
Ebenso interessante wie überraschende Einblicke in die Praxis der Weiterbildung vieler Unternehmen ermöglicht eine jetzt veröffentlichte Studie, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa durchführte. Im Auftrag von Springest, einem internationalen Anbieter von Weiterbildungsdatenbanken, hatte Forsa 200 Personalverantwortliche in deutschen Unternehmen ab 100 Mitarbeitern über ihre Weiterbildungs-Praxis befragt. Hier kann nur eine Auswahl der Erkenntnisse daraus wiedergegeben werden, die komplette Studie ist hier kostenlos abrufbar: Forsa-Springest-Umfrage_Weiterbildung2014.
- Weiterbildung gegen Fachkräftemangel
Probleme, geeignete Fachkräfte zu finden, kennen mehr als die Hälfte aller befragten Unternehmen (51%) – und begegnen dieser Herausforderung verstärkt durch Weiterbildung, entweder der eigenen Mitarbeiter (95%) oder durch Einstellung von neuen Mitarbeitern, die dann gezielt weitergebildet werden (74%).
- Weiterbildungs-Budget und dessen Nutzung
Nur bei 36% der Unternehmen gibt es ein festes Budget für Weiterbildungsmaßnahmen, bei 56% wird das Budget je nach Bedarf bzw. Anfrage freigegeben. Feste Budgets liegen meist jährlich bei 250 bis unter 500 Euro (27%) oder bei 500 bis unter 1.500 Euro pro Person (22%). Bei nur 15% liegt es unter 250 Euro pro Mitarbeiter und Jahr.
Was verblüfft: 31% der Unternehmen mit festem Weiterbildungs-Budget gaben an, dass dieses nur zum Teil eingesetzt werde oder sogar meist verfalle! Die Gründe dafür sind vielfältig: Es gibt nicht genug Personal, um die Mitarbeiter während ihrer Weiterbildung zu vertreten (46%), das ursprünglich festgelegte Budget fällt Sparmaßnahmen zum Opfer (44%), die Mitarbeiter zeigen mangeldes Interesse am Besuch einer Weiterbildungs-Maßnahme (42%) oder die Kurse, die sich die Mitarbeiter wünschen würden, können aus dem bestehenden Budget nicht finanziert werden (25%). In 16% der Fälle sind die Mitarbeiter schlicht und ergreifend nicht ausreichend darüber informiert, dass es für sie ein Weiterbildungs-Budget gibt.
- Entscheidung über die Weiterbildung
Warum Mitarbeiter oft Weiterbildungsmuffel sind, wird durch eine weitere Erkenntnis deutlich: 76% der Personalentscheider sind dagegen, dass Mitarbeiter selber entscheiden dürfen, wie sie ihr Budget für Weiterbildung einsetzen.

Im Diagramm zu sehen ist die Antwort der Befragten, inwiefern sie folgender Aussage zustimmen: „Die Mitarbeiter sollen selbst darüber entscheiden dürfen, wie sie ihr Budget für die Weiterbildung verwenden“.
- Probleme beim Finden geeigneter Weiterbildungsmaßnahmen
Die Personaler monieren, dass die Weiterbildungsangebote häufig das Budget überstiegen (35%), der Zeitaufwand zu groß sei (34%) oder es keine passenden Weiterbildungsangebote gebe (32%). In fast einem Drittel aller Fälle scheitert es daran, dass die Vorstellungen der Mitarbeiter und des Unternehmens von einer geeigneten Weiterbildung zu weit auseinander lägen (32%).
Zusammengefasst ergibt dies ein suboptimales Bild von der betrieblichen Weiterbildungs-Praxis in Deutschland: Die Unternehmen wissen zwar theoretisch um die große Bedeutung der Weiterbildung, aber fast ein Drittel schöpft das Budget trotzdem nicht aus – und Dreiviertel der Unternehmen räumt den Mitarbeitern kein Mitspracherecht ein, welche Fortbildungen belegt werden sollen! Kein Wunder, dass da die Mitarbeiter oft wenig Interesse zeigen, an Maßnahmen teilzunehmen. Und noch dazu scheinen die angebotenen Kurse oft auch inhaltlich nicht zu passen.
E-Learning als Alternative zum klassischen Seminar
Das macht E-Learning-Angebote wie beispielsweise Videotrainings natürlich umso interessanter: Inhaltlich und didaktisch hochwertige Inhalte sind zu wesentlich attraktiveren Kosten als klassische Präsenzseminare zu bekommen. Insbesondere bei großen Nutzergruppen, bei denen sich die räumliche Zusammenführung der Lernenden problematisch gestaltet, können mit E-Learning Kosten eingespart werden. Nicht nur die Vielfalt der E-Learning-Lösungen wird stetig größer, auch ihre Akzeptanz steigt: Die Anwender wissen es sehr zu schätzen, dass sie damit selbstgesteuert und flexibel lernen können – und zwar direkt am Arbeitsplatz sowie „on demand“.
Persönliche und organisationale Faktoren bestimmen Trainingserfolg
Um die praktischen Herausforderungen in der Umsetzung beruflicher Weiterbildung weiß auch Ruben Timmerman, Gründer von Springest: „Weiterbildung in der beruflichen Praxis ist komplex und hängt von zahlreichen Faktoren ab – nur wenn sowohl Arbeitnehmer wie auch Arbeitgeber investieren, kann sie erfolgreich sein.” Fragt man nach den erfolgskritischen Faktoren für Weiterbildung, so seien neben persönlichen Faktoren wie der Trainingsmotivation sowie den Erwartungen und Einstellungen gegenüber Aus- und Weiterbildungsaktivitäten auch organisationale Faktoren entscheidend. Timmerman betont, dass die Lernkultur, sprich die Werte und Normen des Unternehmens in Bezug auf das Lernen seiner Mitarbeiter, Einfluss darauf hat, wie effektiv Trainings sind. Entscheidend ist in dieser Hinsicht auch, inwiefern Unternehmen lernfördernde Rahmenbedingungen gestalten und ob finanzielle und zeitliche Restriktionen in Bezug auf die Art und Form des Lernens existieren.

Dirk Werner, Leiter des Kompetenzfeldes Bildung und stellvertretender Leiter am Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.
Auch Dirk Werner, Leiter des Kompetenzfeldes Bildung und stellvertretender Leiter am Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V., betont, wie wichtig es ist, die betriebliche Lernkultur zu stärken, auch im Hinblick auf die Motivation der Mitarbeiter: „Wenn es gelingt, eine gelebte Lernkultur im Unternehmen zu verankern, bedarf es meist auch keiner gesonderten Motivation der Mitarbeiter, da etablierte Strukturen wirken.” Weiter rät Werner dazu, die Weiterbildung in regelmäßigen Mitarbeitergesprächen zwischen Führungskraft und Mitarbeiter zu planen. „Weiterbildung sollte eine Selbstverständlichkeit für alle Beschäftigten sein und auch von den Führungskräften vorgelebt werden.” Dass dies jedoch noch nicht der Fall ist, zeigen die Ergebnisse der Forsa-Umfrage. Laut Forsa halten es nur 22 % der befragten Professionals für sinnvoll, Mitarbeiter in die Wahl und Verwendung der Budgets einzubeziehen. (Das komplette Interview mit Dirk Werner gibt es hier).
Ruben Timmerman macht deutlich, dass die Trainingsmotivation einer der bedeutendsten Einflussfaktoren des Erfolgs von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen sei: „Wie groß die Trainingsmotivation ist, hängt auch davon ab, wie hoch der erwartete Nutzen in Bezug auf die Erfüllung eigener Ziele ist”. Berücksichtige man dies, so liege auf der Hand, dass die unzureichende Einbeziehung der Mitarbeiter mit negativen Konsequenzen für Trainingsmotivation und Trainingserfolg einhergehe. Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, ihre persönliche und berufliche Entwicklung selbst aktiv mitzugestalten, ist einer der bedeutendsten Faktoren, wenn es um den Erfolg von Weiterbildung geht, weiß Timmerman.
Gefordert: Mehr Initiative auf Mitarbeiter- und Arbeitnehmerseite
Dass der Erfolg von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen von zahlreichen Faktoren abhängt, macht das Thema berufliche Weiterbildung zu einer komplexen Angelegenheit. Doch wo es viele Einflussfaktoren gibt, gibt es auch viele Möglichkeiten zur Einflussnahme. Hierfür ein Bewusstsein zu schaffen ist die Herausforderung, vor die Arbeitnehmer und Arbeitgeber gestellt sind.