Die Abbruchquote im E⁠-⁠Learning reduzieren: drei Impulse

Abbruchquote-im-E-Learning-reduzieren und dran bleiben
20.06.2018
Kerstin Boll
Digitale Trends
Inhalt

Im E⁠-⁠Learning sind die Abbruchquoten bekanntermaßen hoch. Was können Unternehmen dagegen tun?

Wie lassen sich die Abbruchquoten im E⁠-⁠Learning reduzieren? Unternehmen sollten versuchen, ihren Trainingsdesigns einen Wettbewerbscharakter zu geben. „Ich will gewinnen“ ist ein starkes Motiv, mehr als „Ich will verstehen“ - so das Ergebnis einer neuen Studie niederländischer und finnischer Wissenschaftler.

Mehr Erwachsene lernen. Erwachsene lernen mehr denn je. Das Wort vom „Lebenslangen Lernen“ ist längst in der Praxis angekommen.

Ein großes Problem: Die Abbruchquote in E⁠-⁠Learning-Kursen

Angesicht von so viel Weiterbildungsbedarf kommt das E⁠-⁠Learning gerade recht. E⁠-⁠Learning verspricht eine günstige Kostenstruktur auf der Seite des Unternehmens und größtmögliche Selbstorganisation auf der Seite der Mitarbeitenden.

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Das klingt großartig, hat nur einen Haken: Die Abbrecherquoten sind außerordentlich hoch, ebenso die Vergessenskurve. Viele Mitarbeiter springen im Verlauf eines Kurses ab und diejenigen, die durchhalten, haben sich am Ende nicht viel behalten. Auch die "Zeit online" hat darüber berichtet.

Für Unternehmen ist das äußerst unbefriedigend. Sie haben ein natürliches Interesse daran, dass ihre Mitarbeitenden die Kursziele erreichen und sich intensiv mit den Inhalten auseinandersetzen. Abschlüsse mit guten Noten sind dafür ein vielversprechendes Kennzeichen.

Motive zwischen „Gewinnen wollen“ und „Wenig Aufwand“


Doch was motiviert Mitarbeitende zu einem solchen Engagement? Wer hält durch und schließt mit einem guten Ergebnis ab? Eine Studie hat den Zusammenhang zwischen der persönlichen Motivation und der Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen Abschluss untersucht – und zwar in einem Setting „Lernen auf Distanz“. Ihr Titel lautet: „Goal Orientation and Academic Performance in Adult Distance Education“.

Die Studie war eine der ersten, die das Verhalten lernender Erwachsener untersucht hat. 1.128 Personen zwischen 18 und 75 wurden während eines akademischen Ausbildungsgangs online befragt. Die Ausbildung dauerte 14 Monate. Danach wurde ausgewertet: Wer hat bestanden und wie waren die erfolgreichen Absolventen motiviert?

Mit den Fragen der Studie wurden folgende Motivationsansätze untersucht:

  • Mastery Approach: „Ich möchte so viel wie möglich von dem Kurs lernen.“

  • Mastery Avoidance: „Ich mache mir Sorgen, dass ich gar nicht so viel lernen kann, wie ich lernen möchte.“

  • Performance Approach: „Ich möchte besser sein als die anderen.“

  • Performance Avoidance: „Ich will nicht schlechter sein als die anderen.“

  • Work Avoidance: „Ich möchte mir möglichst wenig Arbeit machen.“

"Wissen und Verstehen" ist nicht der stärkste Indikator

Die Ergebnisse bestätigten frühere Studien mit Kindern, Jugendlichen und jungen Studierenden: Der stärkste Motivator für einen erfolgreichen Abschluss ist der Performance Approach. Sich im Wettbewerb zu beweisen, ist ein starker Antrieb. Vier Berechnungsmodelle, einhelliges Ergebnis

Die Studie untersuchte außerdem, welche weiteren Einflussfaktoren auf einen erfolgreichen Abschluss einzahlen. Das Alter, die eingeplanten Arbeitsstunden pro Woche, das Geschlecht und der Aufbau des Kurses zeigten zwar Effekte, doch sie waren schwach.

Stärkere Effekte wiesen die Studienrichtungen auf. Psychologie-Kurse performten schlechter als zum Beispiel Management-Kurse oder Computerwissenschaften.

Ein klarer Indikator für ein voraussichtlich schlechtes Ergebnis ist der Wunsch, sich nicht zu viel Arbeit zu machen. Darin ist sich die vorliegende Studie mit anderen Studien einig: Eine anspruchsvolle Aus- oder Weiterbildung macht niemand nebenher. Sie braucht den eindeutigen Willen, die Aus- oder Weiterbildung zu durchlaufen und abzuschließen. Auch der Wunsch, sich nicht zu blamieren (Performance Avoidance), hat sich als negativer Indikator erwiesen.

Überraschend war die geringe Bedeutung des Wunsches, ein Thema zu verstehen und möglichst viel vom Kurs lernen (Mastery Approach). Auch die Sorge, die Informationsfülle eines Kurses nicht auskosten zu können, zeigte hinsichtlich der Abschlüsse kaum Effekt (Mastery Avoidance).

Die Studienautoren wagten einen Erklärungsversuch: Jemand, der hauptsächlich für sich selbst lernt, kümmert sich wenig um gute Noten. Er hat eigene Ziele und ist weniger bereit, sich für gute Noten zu quälen. Lust oder Frust am Lernen: Lernen auf Distanz verhält sich demnach genau so wie Präsenz-Lernen.

Unsere Überlegungen und Schlüsse hinsichtlich der Abbruchquote sind diese:

Mit einem guten Design die Abbruchquote reduzieren (Impuls 1)

Ist eine Portion Wettbewerb die Lösung?

Für Unternehmen sind hohe Abschlussquoten und gute Abschlüsse attraktive Kennzeichen: Sie lassen sich messen und gut kommunizieren.

In einem solchen Denkmodell sind die Anforderungen an ein gutes Aus- und Weiterbildungsdesign hoch, damit die didaktischen Grundlagen stimmen: Die Autoren müssen sicher stellen, dass sie im Rahmen des Kurses prüfen und testen, was für den betrieblichen Alltag zählt. Zugleich müssen sie eine Wettbewerbssituation schaffen, in der sich Teilnehmende motiviert, aber nicht eingeschüchtert fühlen.

Die Ziele überdenken (Impuls 2)

Eine andere Überlegung geht dahin, die Ziele zu überdenken. Inwieweit sind gute Noten aussagekräftig, wenn Unternehmen die Leistung ihrer Mitarbeitenden im betrieblichen Alltag steigern wollen?

Mitarbeitende mögen sich sehr wohl für die Inhalte interessieren und sich intensiv mit ihnen beschäftigen, ohne dass sie einen besonders guten Abschluss anstreben. Ein Abschluss macht eine Menge Arbeit. Was genau haben Mitarbeitende davon? Möglicherweise haben sie ihre eigenen Ziele. Ihr Lernstil unterscheidet sich von dem, was man unter Studenten mit „prüfungsrelevantem Lernen“ umschreibt. Ist er deshalb schlecht?

Eine hohe Abbruchquote ist allerdings auch hier ein ungutes Zeichen. Die Abbruchquote zu reduzieren, muss auch hier ein Ziel sein.

Die Mitarbeitenden an der Entscheidung über eine Aus- und Weiterbildung teilhaben lassen (Impuls 3)

Die Motive „sich wenig Arbeit machen“ wie auch „sich nicht blamieren“ erwiesen sich als schlechte Vorzeichen im Sinne eines erfolgreichen Abschlusses.

Die Studie hat die Frage ausgeklammert, weshalb die Studierenden ihren Kurs abgebrochen haben. Hatten sie kein Interesse oder waren sie in ihrem Alltag so eingebunden, dass sie nur wenig Zeit investieren konnten? Eine solche Frage lässt sich schon im Vorfeld klären und senkt auf einfache Weise die Abbruchquote.

Fazit

Die Studie hat untersucht, was Studierende dazu bewegt, bis zum Abschluss am Ball zu bleiben. Insofern macht die Studie keinerlei Aussagen über gute und schlechte Trainingskonzepte, Aufbereitung, Begleitung Studierender und anderes mehr. Die hohe Bedeutung des Wettbewerbsfaktors lässt aber doch vermuten, dass ein starkes Selbstbewusstsein und Lernen in der Gemeinschaft hohe Erfolgsindikatoren sind. Das Lernen auf Distanz oder E⁠-⁠Learning in seinen vielfältigen Formen erschien weniger als Hürde.

Quelle:
Joyce Neroni 1, Celeste Meijs 1, Ruslan Leontjevas 1, Paul A. Kirschner 1 and Renate H. M. de Groot 1,3: Goal Orientation and Academic Performance in Adult Distance Education, in: International Review of Research in Open and Distributed Learning, Volume 19, Number 2, Page 192 - 208. April 2018. Zur Studie

1 Open University of the Netherlands, Heerlen, The Netherlands, 2 University of Oulu, Oulu, Finland, 3 Maastricht University, Maastricht, the Netherlands.

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